Wir haben alles mit Handschuhen angefasst,
es hat sich leicht und klingend angefühlt, nie zerbrechlich
"Das Dachgeschoss: Geschichte unserer Familie, unserer Leben.
Die Tischlerei Haidacher - Liebe auf den ersten Blick. Trotzdem am Anfang vorsichtige Distanz. Aber die Meister überzeugten mit Geschick, Sorgfalt und Feingefühl. Vertrauen und sich fallen lassen.
Am Ende eine zweite Haut, Rückzugsort, Nestwärme, unsere neuen alten Leben in neuen alten Räumen."
(Die Bauherrin)
Die Villa SU, gelegen auf dem angenehm kühlen Seiser Hochplateau, wurde 1906 als Sommerresidenz gedacht und gebaut. Auf Wunsch des damaligen Familienoberhaupts sollte die verstreute Familie dort für einige Monate im Jahr zusammen sein. Nach mehr als hundert Jahren entstand im Dachgeschoß des Hauses Bedarf und Wunsch nach Veränderung. Die vierköpfige Besitzerfamilie wollte den vom Großvater formulierten Wunsch für sich neu beleben.
Die Architekten entwarfen ein harmonisch fließendes Gefüge, das Raum für Öffentlichkeit im Sinne von Familiengemeinschaft, aber auch für Privatheit der einzelnen Familienmitglieder anbietet. Das Grundmotiv dieses Konzeptes war es, – in Anlehnung an die Südtiroler Stubentradition – einen ganzheitlichen Holzraum zu schaffen. Eine edle Schatulle, gefertigt aus heimischen Bäumen. Ausgangspunkt unserer Überlegungen war die Suche nach unserer Haltung zur Frage: "Wie berührt sich Alt und Neu?" Wir fanden sie in einer Mischung aus Augenhöhe und Respekt. "Welcher Baum hat die atmosphärische Präsenz, den Raum für weitere 100 Jahre zum Strahlen zu bringen, zugleich aber die Schlichtheit, um den Raum lediglich zu bekleiden?"
Es war unser Glück, dass in der Nachbarschaft Fichtenbäume erster Güte wachsen, die "Latemar-Fichten". Auf kalkhaltigem Boden in rund 1400 – 2100 Metern Höhe gewachsen, zeichnet sich diese Fichte durch ihren feinjährigen und gleichmäßigen Wuchs aus – ein sehr besonderes Holz. Alle waren sehr glücklich, es gefunden zu haben. Wir schnitten Rifte und Halbrifte aus diesen Bäumen und beließen die Sichtflächen sägerau, ohne jegliche weitere Oberflächenbehandlung. Die Verarbeitung erforderte von uns neue Ansätze für unser handwerkliches Denken und Handeln. An seinem Ort angekommen, haben wir es dort ausgelegt, abgewartet, bis sich es sich akklimatisiert hatte, um dann, Element für Element (wie vor 100 Jahren), den Raum daraus zu bauen. Von Anfang an haben wir alles wortwörtlich mit Handschuhen angefasst, es hat sich leicht und klingend angefühlt und, obwohl sensibel, nie zerbrechlich.
Heute ist in diesem Raum vieles zu spüren, die gemeinsame Vision, die Präzision des Gedankens, die Hände der Erbauer, die Menschen, die ihn bewohnen und dadurch zu dem machen, was er wirklich ist, und die Natur, die uns dieses wundervolle Material überlassen hat, um ihm Raum zu geben.
- Bauherr: Privat
- Architektur: Senoner Tammerle Architekten
- Ort: Südtirol
- Fotos: Lukas Schaller